PROJEKTE
Gesualdo
Madrigale aus dem 5. und 6. Madrigalbuch des
Carlo Gesualdo principe di Venosa
Samstag, 14. November 2015, 19:00 Uhr
Troisdorf, St. Hippolytus
Capella Vocale an St. Hippolytus
Leitung: Michael Veltman
Der Komponist Carlo Gesualdo (1566-1613)
Über seinem Leben liegt ein Schatten.
Gesualdo heiratet 1586 – nach dem Tod seines älteren Bruders war er gerade regierender Fürst geworden – seine für ihre Schönheit berühmte
Cousine Maria d’Avalos, die Tochter des Markgrafen von Pescara.
Zwei Jahre später beginnt diese eine Affäre mit Fabrizio Carafa, dem Herzog von Andria. Im Palazzo San Severo in Neapel stellt Gesualdo
dann am 16. Oktober 1590 dem betrügerischen Paar eine Falle: Er gibt vor, einen Jagdausflug zu unternehmen, kehrt jedoch unversehens zurück
und erwischt die beiden in flagranti. Er tötet Maria mit zahlreichen Stichen, immer wieder ausrufend: "Sie ist noch nicht tot." Ob er auch
seinen Nebenbuhler mit eigener Hand tötet oder von Dienern töten lässt, ist ungeklärt.
Musikalisch wird Gesualdo, in den Grundlagen der Kompositions- und Instrumentalkunst schon früh wohl ausgebildet, ein Kind der Schule von Ferrara.
Am dortigen Hofe der Este – 1594 heiratet er in zweiter Ehe Leonora d'Este – lernt er die Traditionslinie von Adrian Willaert über Cypriano di Rore
bis hin zum damals amtierenden Kapellmeister des Hofes Luzzasco Luzzaschi kennen. Insbesondere dessen chromatische Satzweise wird für Gesualdo zur
Inspirationsquelle, die ihn seinen Stil finden lässt, hin bis zum Höhepunkt im Fünften und Sechsten Madrigalbuch, die beide 1611 erscheinen.
Gesualdos Madrigale umkreisen wie eine unüberschaubare Vielzahl von hell leuchtenden Monden die Themen von Liebe, Schmerz, Unerreichbarkeit und
Tod – kein ungewöhnlicher Themenkomplex für die Madrigale dieser Zeit, höchstens in dieser dunklen Intensität.
Und trotzdem: Gesualdos Madrigale sind einzigartig – aber nicht, weil es nur ihn gegeben hätte als Komponisten hochchromatischer, komplexer
Madrigale, nicht also, weil Gesualdos Werke stilistisch einzigartig gewesen wären, sondern weil Gesualdos Kompositionen einen Höhepunkt der Kunst darstellen.
Sie sind von einer unfassbaren Schönheit und abgründigen Tiefe, voller Sehnsucht.
Staunend stehen wir vor der musikalischen Kraft, dem Genie Gesualdos.
So wie wir vor den großen Bachschen Werken stehen. Auch Telemann, Graun oder Händel schrieben hochbarocke Passionen, und doch sind Bachs Johannes- und
Matthäuspassion unvergleichlich, so wie Gesualdos späte Madrigale.